Die türkische Demokratie steht seit Jahren nter enormem Druck – und nach der Absetzung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem İmamoğlu hat sich die Lage erneut dramatisch verschärft.
In Istanbl und vielen anderen Städten der Türkei gehen hunderttausende Menschen seit einer Woche Nacht für Nacht friedlich auf die Straße, um gegen die Verhaftung des demokratisch gewählten Bürgermeisters zu protestieren. Doch was passiert? Die türkische Regierung unter Erdogan lässt mehr als 1500 Menschen von der Polizei festnehmen, darunter auch Journalist*innen.
Diese Proteste sind nicht nur von Anhängern der Partei von İmamoğl CHP getragen, sondern von Studierenden, Aktivist*innen, der queeren Community und vor allem die jungen Menschen, die um ihre Freiheit und die Zukunft ihres Landes und seiner Demokratie kämpfen. Diese Menschen verdienen unseren Respekt und unsere Unterstützung!
Die Verhaftng von İmamoğl ist kein Einzelfall, sondern reiht sich in eine lange Reihe unrechtmäßiger politisch motivierter Verhaftungen seit dem Putschversuch 2016. Über 50 demokratisch gewählte kurdischen Bürgermeister*innen in den kurdischen Städten Amed/Diyar Bakir, Agiri, Mardin und vielen weiteren Städten wurden seit 2016 von Erdogan abgesetzt und durch Regierungstreue ersetzt.
Der kurdische Abgeordnete und Oppositionspolitiker Salah Eldin Demirtash sitzt seit 9 Jahren ohne Prozess in Haft! Diese Verhaftngen und die Zerschlagng der demokratischen politischen Opposition sind Teil eines systematischen Abbaus der Demokratie unter Erdogan und seiner islamischen Partei AKP.
Die Vorwürfe der Terrornterstützng gegen Imamöglo sind absurd–, sie basieren darauf, dass seine CHP-Partei Oppositionsarbeit gemeinsam mit der prokurdischen Demokratischen Partei Dem anstrebt, die laut Erdogan der PKK nahesteht.
Dabei führt Erdogans Regierung selbst seit Wochen Verhandlungen mit dem inhaftierten PKK-Anführer Abdullah Öcalan, um einen Friedensprozess für die Kurdenfrage auf den Weg zu bringen.
Es ist eine Hechelei ohne gleichen und ein klarer Versuch, seinen stärksten politischen Gegner für die Präsidentschaftswahlen in 3 Jahren jetzt schon kaltzustellen.
Zum Schluss lassen Sie mich meine Enttäuschung über das Verhalten der Koalition in diesem Parlament zum Ausdruck bringen: Wir sprechen heute über die Bedeutung der Unterstützung der Zivilgesellschaft in unserer Partnerstadt Istanbul und die Stärkung demokratischer Kräfte dort.
Es wäre ein starkes Signal gewesen, wenn die demokratischen Fraktionen in diesem Parlament gemeinsam eine Entschließung eingebracht hätten – doch stattdessen gibt es heute zwei Entschließungen.
Es empört mich, dass die CDU/SPD-Koalition wieder ein klares und wichtiges Signal verhindert hat. Ihre Entschließung verurteilt nicht einmal den Angriff auf die Demokratie in der Türkei und fordert nicht einmal die sofortige Freilassung des inhaftierten Bürgermeisters Imamöglu. Das ist ein Armutszeugnis.
Wir fordern die türkische Regierng auf, Ekrem İmamoğlu, Selahdin Demirtash sowie alle anderen politisch Inhaftierten, Journalist*innen, Aktivist*innen und Demonstrant*innen unverzüglich freizulassen und die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit wiederherzustellen.