Die Wohnsituation in Berlin verschlechtert sich zunehmend. Mehr als 80 Prozent der Berliner Bevölkerung wohnt zur Miete. Diese Menschen waren in den 2010er Jahren derart rasanten Mieterhöhungen – bei Bestands- und insbesondere bei Angebotsmieten – ausgesetzt, dass inzwischen jeder zweite Miethaushalt mehr als 30 Prozent des Einkommens für die Miete aufbringen muss.
Besonders verheerend sind allerdings die Praktiken der profitorientierten Eigentümer*innen. Des Öfteren werden erhebliche Bau- und Sanierungsmaßnahmen angekündigt und dann so schleppend durchgeführt, dass Mieter*innen von sich aus Mietverhältnisse kündigen, um nicht endlosem Baustress ausgesetzt zu sein. Hierbei handelt es sich um eine bekannte Masche der Eigentümer*innen, die zu einer Gentrifizierung des jeweiligen Wohnviertels führt. Mieter*innen werden durch begonnene, aber nicht abgeschlossene Bau- und Sanierungsmaßnahmen drangsaliert. Leerstand wird künstlich erhalten, um in einem absehbaren Zeitraum die Wohnungen renditenorientiert zu veräußern So zum Beispiel geschehen in der Jagowstraße 35.
Leerstehende Wohnungen wurden dort entkernt und blieben anschließend leer. Viele Mietparteien sind bereits unter dem Druck der Zustände ausgezogen, das zum Abriss bestimmte Vorderhaus ist nahezu leer. Für die Verbliebenen spitzte sich die Situation zu: So verursachte ein Wasserrohrbruch einen großen Feuchtschaden im Hausflur, schädigte die Bausubstanz des Vorderhauses weiter und stellte durch herabfallende Putzstücke eine Gefahr dar. Ebenso wurde die Heizungsanlage, welche in diesem Jahr ausgefallen ist, bisher noch nicht gewartet, womit erhebliche Nutzungseinschränkungen der Wohnungen durch die Mieter*innen einhergehen.
Dagegen gilt es vehement mit juristischen Mitteln vorzugehen. Zur Anwendung kommen kann hierbei der § 6 Wirtschaftsstrafgesetz (WiStrG). Er ahndet mit einem Bußgeld von bis zu 100.000 Euro, wenn Baumaßnahmen in missbräuchlicher Art durchgeführt werden – sprich: wenn mit ihnen nachweislich die Absicht verfolgt wird, die Mieter*innen zu einer Kündigung zu veranlassen. Zu der erstmaligen Anwendung des § 6 WiStrG in Berlin soll es in Kreuzberg kommen, wo der zuständige Baustadtrat Florian Schmidt ankündigte, zwei Verfahren gegen die Verdrängung aus sogenannten „Problemimmobilien“ von Mieter*innen zu prüfen. In § 5 WiStrG wird dagegen derOrdnungswidrigkeitstatbestand von unangemessen hohen Mietentgelten normiert, gemeinhin als „Wuchermiete“ bekannt.
Die bisherigen Versuche, dem stetig größer werdenden Mietenwahnsinn zu entgegnen, sind entweder kläglich gescheitert (Mietendeckel) oder werden in der Praxis nicht angewandt (Vorkaufsrecht).
Für die Verfolgung der genannten Ordnungswidrigkeitstatbestände sind die bezirklichen Wohnungsämter zuständig. In unserem Bezirk muss das Instrument wirksam angewendet werden, um Mieter*innen vor zu hohen Mieten und illegalen Praktiken der Eigentümer*innen zu schützen. Hierfür braucht es bessere Kontrollmechanismen und eine personelle Verstärkung von dafür vorgesehenen behördlichen Institutionen wie die Abteilung für Zweckentfremdungen.